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Mono- und Koedukation
Projekt: Pädagogik und Geschlecht im mono- und koedukativen Unterricht
Angaben zum Forschungsprojekt:
Projektleitung: Prof. Dr. Jürgen Budde
Durchführende Institution(en): Europa-Universität Flensburg
Projektlaufzeit: unbekannt
Projektbeschreibung:
Das Projekt untersucht die Effekte von Monoedukation und Koedukationan ein und derselben Schule, um so auf der Ebene der schulkulturellen und soziographischen Daten hoch vergleichbare Klassenkontexte analytisch in den Blick zu nehmen. Dabei handelt es sich um ein Privatgymnasium in katholischer Trägerschaft, das am Rande einer größeren Stadt in Süddeutschland liegt. An der Schule wird mit dem Schuljahr 2011/2012 erstmalig eine Mädchen-, eine Jungen- und eine koedukative 5. Klasse parallel angeboten, sodass die Schule sämtliche Organisationsformen in Bezug auf Geschlecht unter einem Dach vereint. Dieser Umstand erhöht die Vergleichbarkeit, da in Bezug auf Faktoren wie Schulkultur, Kollegium, pädagogische Praktiken, Milieuzugehörigkeit und Bildungsaspiration der Eltern derselbe Kontext gegeben ist. Als potentielle Vergleichsdimensionen unserer Untersuchung kommen dabei (1) die drei Klassen, (2) die Gesamtheit der Jungen mit der Gesamtheit der Mädchen sowie (3) zwischen mono- und koedukativ unterrichteten Jungen bzw. Mädchen in
Betracht, wobei sich der Beitrag vor allem auf die erste Vergleichsdimension konzentriert.
Methodisches Vorgehen:
Die Studie ist triangulierend angelegt, wobei der qualitative Zugang umfassender zum Tragen kommt. Kernelemente sind teilnehmende Beobachtungen in allen drei Klassen in Deutsch, Mathematik und dem Morgenkreis sowie teilweise in Biologie, Latein und Englisch. Diesem Zugang liegt ein praxistheoretischer Zugang zugrunde, mit dem wir davon ausgehen, dass die Schulkultur am Gymnasium als kulturelle Ordnung maßgeblich in den Praktiken der AkteurInnen abgebildet wird.
Als „temporally unfolding and spatially dispersed nexus of doings and sayings“ (Schatzki 1996: 89) verweisen Praktiken auf zugrunde liegende Strukturen des Sozialen und die darin eingebetteten impliziten Orientierungen der AkteurInnen, da die Praktiken nur dann ‚funktionieren„, wenn sie sich relativ reibungslos in den sozialen Vollzug der Situation (hier des Unterrichts) einpassen. In diesem Sinne ist eine (körperliche oder verbale) Praktik auch nicht willkürlich, sondern hat als routinierte Handlung im Feld eine spezifische Bedeutung für die Konstitution von (Geschlech- ter-)Ordnungen.
Die Beobachtungen aller drei 5. Klassen dauerten vier Wochen in der Mitte des zweiten Schulhalbjahres. Zusätzlich zur personalen Anwesenheit des/der Ethnog- raph/in wurden die Stunden mit Audiogeräten aufgezeichnet. Daraus entstanden insgesamt 64 Feldprotokolle. Zusätzlich wurden mit den beteiligen Lehrpersonen Interviews geführt und in jeder Klasse acht SchülerInnen im Rahmen von Gruppen- diskussionen befragt. Aus all diesen Daten wurde die Ebene der symbolischen Schulkultur rekonstruiert, indem verbale wie non-verbale Äußerungen als Praktiken gefasst werden. Zur Analyse der imaginären Schulkultur wurden vom Gebäude und den Klassenräumen Fotos angefertigt, ferner die Schulleitung interviewt und zugängliche Dokumente wie das schriftliche Schulprofil und die Homepage der Schule ausgewertet. Ergänzend kam ein umfassender Schülerfragebogen mit Items zur 210
Schulzufriedenheit, zu Geschlechterkonzepten sowie zur Einschätzung des Unterrichts zum Einsatz. Ergänzend wurden die Portfolios der SchülerInnen sowie ihre Entwicklungszeugnisse zum Schulhalbjahr dokumentiert.
Zur Generierung generalisierbarer Aussagen aus dem vielfältigen Material wurde das Verfahren des ethnographische „Collagieren“ (Richter/Friebertshäuser 2012: 82) verwendet, welches sich an der Datentriangulation orientiert.
„Bildlich zeichnet sich dieser Prozess in einem Wechsel zwischen Eintauchen in einzelne Daten und deren Analyse, dem intensiven Beschäftigen mit einzelnen Bestandteilen der Collage und dem Auftauchen als Prozess des Perspektivenwechsels, in dem Deutungen verknüpft, Daten zueinander ins Verhältnis gesetzt werden und nach theoretischen Konzepten gesucht wird, ab.“ (ebd.)
Die konkrete Auswertung der verschriftlichten Daten (Beobachtungsprotokolle, Interviews, Gruppendiskussionen sowie Dokumente und Bilder) orientiert sich an einer Kombination von sequenzanalytischen und kodierenden Verfahren. Die Beobachtungsprotokolle, die Interviewtranskripte und die (Bild-)Dokumente wurden drei verschiedenen Phasen der Auswertung unterzogen. Im ersten Schritt erfolgte eine (Begriffe formulierende) deduktive wie induktive Kodierung des Materials. Die Kodierung orientiert sich dabei an der Verlaufs- und Vollzugslogik, sodass zusammenhängende Textpassagen unter einem (oder unter mehreren) Begriff(en) sequenziell zusammengefasst und mit einem abstrahierenden Code belegt wurden, der das zentrale Phänomen der Sequenz erfasst. In ähnlicher Weise unterzogen wir die (Bild-)Dokumenten einer sequenziellen Dokumenten- bzw. Bildanalyse. Anschließend wurden in einem zweiten Schritt die Codes gebündelt, indem die Passagen thematisch geordnet und in ihrem sequenziellen Verlauf interpretiert wurden. Die so generierten, theoriegestützten Begriffe wurden an weiteren Textsequenzen kontrastierend überprüft, indem wir materialimmanent maximale und minimale Kontraste suchten. Aufbauend auf den Themen wurden dann im dritten Schritt in der ‚Collage„ der unterschiedlichen Daten Fallportraits auf Klassenebene erstellt.
Beschreibung der Datenkollektion:
Die Kollektion umfasst insgesamt
- 65 ethnographische Beobachtungsprotokolle,
- 6 Gruppendiskussionen mit Schüler*innen der Mädchen-, der Jungen- sowie der koedukativen Klasse
- 7 Interviews mit Lehrkräften sowie dem Schulleiter.
Eine detaiierte Übersicht über den Datenbestand findet sich hier.